„Stelle dir vor, das ist eine Raupe und die frisst sich auf dem Seil entlang“, erklärt Nora Peters, Lehrkraft an der Oberschule Koblenzer Straße, die richtige Knotentechnik. Das sichere Anseilen ist beim Klettern (im Gegensatz zum Bouldern) das A und O. Berat hört aufmerksam zu und schaut dann, ob auch bei Nora Peters alles richtig gesichert ist. Der 13-jährige Schüler gehört zu den eifrigen Nutzern der nagelneuen Kletterwand, die in den vergangenen Wochen in der Schulsporthalle installiert worden war und nun offiziell übergeben wurde.
Rebecca Schwenzer, stellvertretende Schulleiterin, freute sich mit ihren Kolleg:innen, Sponsoren und Gästen über die acht Meter hohe Errungenschaft: „Das ist genau das Richtige für unsere Schülerschaft. Wir sind sehr froh, dass wir das Angebot, auch dank des Engagements unseres Schulleiters Christian Scheidt, realisieren konnten.“ Rund 30.000 Euro - Mittel von der PSD-Bank, der Sparkasse, der Gewoba, dem Programm „souveräne Verstärkungsmittel“ der Senatorin für Kinder und Bildung und dem schuleigenen Budget - wurden verbaut und in einen Kurs für Anleitungs-Tätigkeiten angelegt. Für die Umsetzung waren die Profis des Unternehmens „Linie 7 – Bouldern in Bremen“ zuständig.
Franziskus Denk ist einer der „Linie-7-Köpfe“. „Wir haben schon an ein paar Schulen Wände installiert. Der Klettersport vereinigt viel, er gibt Selbstvertrauen, Vertrauen ins Team, fördert die Augen-Hand-Koordination, die Motorik, die Merkfähigkeit, die Kraft und ist als ein Teil von Ergotherapie anerkannt“, zählt Denk nur einige Vorteile auf. Er selbst bietet zudem seit 2006 Fortbildung für Lehrkräfte an, die den Kletterschein, der für den entsprechenden Sportunterricht erforderlich ist, machen wollen. „Die Kurse sind immer ausgebucht“, sagt Denk. „Ich hatte Höhenangst und bin vergangene Woche nur bis maximal zur Hälfte hoch gekommen. Heute bin ich nach ganz oben geklettert. Das gibt Selbstvertrauen, Angst habe ich nicht mehr“, sagt Lemina El-Cheikh. Sie gehört zu den Lehrkräften, die sich neu für die Sportart begeistern. „Ich bin zwar keine Sportlehrkraft, das Klettern gehört für mich aber zum Ausgleich. Ich finde es klasse, dass wir die Vorteile, insbesondere auch das Teambuilding bei den Schüler:innen, nun auch in unserer Sporthalle nutzen können“, beschreibt Peters den Hype, der sich offensichtlich auf viele Jugendliche überträgt. Berat und auch die zwölfjährige Inga kraxeln die Wand mittlerweile in beachtlicher Geschwindigkeit hoch. „Man muss sich vorher eine Strecke überlegen. Ich habe mir vorgenommen, jetzt den grünen Weg nach oben zu nehmen. Das heißt, ich darf nur die grünen Boulder nutzen“, sagt Berat und legt los. Kurze Zeit später winkt er von der obersten Kante herunter. Geschafft!
Sascha Karolin Aulepp, Senatorin für Kinder und Bildung, erklärte zur Eröffnung: „Schulen wissen am besten, was ihre Schüler:innen für Angebote brauchen, was sie unterstützt und fördert. Und genau dafür steht das Programm der 'Souveränen Verstärkungsmittel', das wir auf den Weg gebracht haben. Es berücksichtigt besonders die Schulen mit größeren sozialen Herausforderungen und ermöglicht den Schulen eigenständig Mittel zu verwenden."
Schulsportreferentin Annette Kemp: „Die engagierten Beschäftigten der Oberschule Koblenzer Straße haben diese Möglichkeit der Teilfinanzierung super genutzt. Die Kletterwand passt zu dieser innovativen, vertrauensbildenden Schule im Ortsteil Tenever. Voll digitalisiert, mit beeindruckendem Projektunterricht vermitteln Lehrkräfte nun auch an der Kletterwand, was Selbstvertrauen, Motorik und Merkfähigkeit bedeuten. Ich wünsche mir, dass weitere Schulen diesem Beispiel folgen. Man sieht sofort, wie viel Spaß das Klettern macht und wie motivierend es ist, die gesteckten Ziele zu erreichen.“ Berat bringt es insgesamt auf den Punkt: „Man hat die Möglichkeit, nicht faul zu sein. Das finde ich sehr gut!“
Text & Fotos: Annette Kemp